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„Unser Gehirn entspannt beim Putzen“

Die internationale Putzstudie von Kärcher fördert seit Jahren Erkenntnisse zu den Themen Sauberkeit, Ordnung und Putzverhalten der Menschen zu Tage. In der diesjährigen Befragung, die Dynata im Auftrag von Kärcher in elf Ländern durchgeführt hat, sticht folgendes Ergebnis besonders hervor: Putzen sorgt für Entspannung, ja gar meditative Zustände. Das sagen zumindest 75 Prozent der Engländer und 59 Prozent der Befragten in Frankreich. Reinemachen als ausgleichendes Wohlfühlprogramm? Kärcher möchte es genauer wissen und fragt nach bei Dr. Brigitte Bösenkopf, Psychologin, Journalistin und Leiterin des Stresscenters in Wien.

Frau Dr. Bösenkopf, wir befinden uns in einer schnelllebigen Zeit. Phasen der Entspannung wollen gezielt geschaffen werden. Wieso scheint ausgerechnet das Putzen bei vielen Menschen genau das zu bieten?

Im hektischen Alltag suchen die Menschen nach Möglichkeiten zu entspannen. Sie leiden unter den steigenden Anforderungen in Beruf und Privatleben, Zeitdruck und dem Wunsch, sich zwischen all dem auch noch selbst zu verwirklichen. Hier kommt das Putzen ins Spiel. Neurobiologen haben festgestellt, dass unser Gehirn körpereigene Belohnungsstoffe ausschüttet, wenn es routiniert handeln darf. Das Reinemachen bietet genau das. Es ist auf den Augenblick konzentriert, unser Geist wird dabei klar und noch dazu werden unsere Mühen mit einem sauberen Heim belohnt. Beim Putzen sind wir selbstbestimmt und können uns die Arbeit frei einteilen – der neuronale Aufwand ist geringer und unser Gehirn entspannter. So werden Wischen, Saugen und Co. für viele Menschen zum persönlichen Entspannungsritual.

Nicht für jedermann bedeutet Putzen automatisch Entspannung

Doch nicht für jedermann bedeutet Putzen automatisch Entspannung, wenn gleich fast alle Studienteilnehmer (92 Prozent) Wert auf ein sauberes Zuhause legen. Wie können sich Menschen aus Sicht der Psychologie zum Reinemachen motivieren?

Unsere innere Einstellung zum Putzen entscheidet, ob wir diese Tätigkeit als notwendiges Übel wahrnehmen oder als Möglichkeit zu entspannen. Putzmuffeln hilft es, das Reinemachen als positive Herausforderung zu sehen, die es gelassen zu bewältigen gilt. Mit etwas Übung können auch sie Erfüllung im Haushalt finden und Sauberkeit als wohlverdiente Belohnung genießen. Wer es schafft, ganz in der Tätigkeit aufzugehen, kann Probleme ausblenden und die volle Aufmerksamkeit auf das aktuelle Handeln legen. Diesen Zustand bezeichnen viele Menschen als meditatives Putzerleben, das Stress und Erschöpfungserscheinungen entgegenwirken kann.
Grundsätzlich kann die Motivation zu putzen ganz verschieden sein. Für die einen ist es der entspannende Effekt, für die anderen ist der größte Ansporn die Sauberkeit selbst. Manchen Menschen gibt die Tätigkeit auch Sicherheit – sie haben das Gefühl, mit ihrer äußeren auch ihre eigene, „innere Welt“ unter Kontrolle zu haben.

Wenn das Vorhaben zu putzen auf den hektischen Lebensalltag trifft, wird der schmutzige Fußboden schnell zum mahnenden Symbolbild und zusätzlichem Stressfaktor. Was können wir tun, wenn die Motivation zwar groß, die Zeit jedoch knapp ist?

Untersuchungen zeigen, dass Stress oft nicht durch äußere Belastungen entsteht, sondern zu 70 Prozent hausgemacht ist. Hier entscheidet unsere Persönlichkeit. Resiliente Menschen, die Stress nicht als Belastung, sondern als tägliche Herausforderung annehmen, können das Dilemma leicht lösen: Sie konzentrieren sich auf das Machbare und verschwenden keine Energie für Selbstkritik, wenn sie durch berufliche Belastung weniger Zeit für ihren Haushalt haben.
Wer sich vom Chaos zuhause stressen lässt, sollte sich nicht bedauern, sondern strategisch vorgehen und sich genau überlegen, welche Putztätigkeiten mit welchem Zeitaufwand zu schaffen sind. Mit dieser Einstellung wird Putzen zu einem positiv besetzten Erlebnis.

Das klassische, samstägliche Putzen passt nicht ins Konzept

In früheren Zeiten war es üblich, die Hausarbeit auf einen bestimmten Wochentag zu legen. Die Studienergebnisse legen ein viel weniger starres Raster dar. Woran kann das liegen?

In vielen Familien, aber auch in Single-Haushalten ist das Wochenende mit Freizeitaktivitäten verplant. Das klassische, samstägliche Putzen passt da nicht ins Konzept. Die Tätigkeit wird lieber unter der Woche in kleineren Einheiten erledigt. Nach einem anstrengenden Tag blicken viele Menschen dem abendlichen Putzritual sogar positiv entgegen: Sie können beispielsweise aus ihren beruflichen Sorgen aussteigen und sich einer Tätigkeit widmen, bei der sie ein sofortiges positives Ergebnis sehen und gleichzeitig abschalten können.

Die durchschnittliche Putzdauer variiert von Land zu Land stark. Von eineinhalb bis hin zu knapp fünf Stunden wöchentlich ist im internationalen Vergleich fast alles dabei. Wie erklärt sich das?

Hier spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle: die Persönlichkeit und das kulturelle Umfeld, also wie sehr Sauberkeit und Ordnung als Wert in einer Gesellschaft etabliert sind. Perfektionisten zum Beispiel investieren viel Zeit in ein aufgeräumtes Heim, während Chaoten sehr locker mit Unordnung umgehen können. Workaholics wiederum stecken ihre Energie lieber in die Arbeit als ins Putzen und Beziehungsmenschen lieben es, ein gemütliches, sauberes Zuhause zu schaffen. Neben solchen Eigenheiten und der individuellen Einstellung zum Thema Putzen haben die gesellschaftlich vorgegebenen Werte enormen Einfluss.

Wohin geht die Reise beim Thema Putzen? Fördern technische Entwicklungen, dass Menschen diesen Vorgang als zunehmend entspannend erleben?

Moderne Putzhilfen unterstützen den menschlichen Wunsch nach Ordnung und Sauberkeit. Und gerade im hektischen Alltag erweisen sich die technischen Helfer für viele als wahrer Segen. Sie sparen Zeit und liefern noch dazu meist bessere Ergebnisse als herkömmliche Putzvorgänge. So kommen auch Berufstätige mit wenig Freizeit in den Genuss des entstressenden Effekts von Sauberkeit und Ordnung. Nicht zu vergessen, dass der Gebrauch innovativer technologischer Geräte auch einfach Spaß macht. Wie in vielen Lebensbereichen spielt die Technik beim Putzen eine immer größere Rolle.

Zur Studie: Die verwendeten Daten beruhen auf Online-Umfragen von Dynata, an denen im Zeitraum Juli/August 2019 insgesamt 11.099 Personen teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die Bevölkerung in Belgien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, den Niederlanden, Polen, Russland und den USA zwischen 18 und 65 Jahren.

Zu Dr. Brigitte Bösenkopf: Die Psychologin und Journalistin ist Mitgründerin des Stresscenters in Wien und beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, wie es Menschen trotz beruflichem und privatem Stress gelingt, gesund zu bleiben und die Lebensfreude nicht zu verlieren. Als langjährige Leiterin der Arbeitsgemeinschaft für Präventivpsychologie in Österreich hat sie vielen Menschen geholfen, ihre Resilienz zu stärken und Belastungen als positive Herausforderung zu bewältigen

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